Ausflug zu Kölns Melatenfriedhof
Blauer Himmel, das Blätterrauschen alter Bäume, Sonnenschein und das Gezwitscher von mehr als 40 Vogelarten. Ein Ort der Ruhe, wie eine Oase. „Und das mitten in der Stadt“, staunt der Kurs Praktische Philosophie der Stufe 9. Die Schülerinnen und Schüler haben sich auf den Weg ins ferne Köln gemacht, um herauszufinden, was Menschen nach dem Tod wichtig ist. Der Friedhof Melaten – der größte in Köln – scheint dafür der perfekte Ort.






In den vorangegangenen Wochen hatten sich die Jugendlichen im Philosophieunterricht mit dem Thema „Sterben und Endlichkeit“ beschäftigt. Sie formulierten Lebensziele, betrachteten Todesanzeigen, informierten sich über Sterbe- und Beerdigungsrituale in allen Teilen der Welt und tauschten sich darüber aus, was wohl nach dem Tod kommen könnte.



Die jungen Leute sind heute mit einem Suchauftrag ausgerüstet: Findet heraus, was der Schmuck der Gräber bedeutet, was die Inschriften über die Toten verraten, welche Botschaften sie vielleicht für die Nachwelt hinterlassen haben. In kleinen Gruppen schwärmen SchülerInnen aus, auf dem 435.000 Quadratmetern Friedhofsgelände mit seinen etwa 55.000 Gräbern. Das Älteste stammt aus dem Jahr 1765, das Neueste ist von gestern.






Jedes Grab, so merken die Schülerinnen und Schüler rasch, hat etwas zu sagen, vor allem durch die Bildsprache der Grabarchitektur. Da sind die riesigen Grabstätten wohlhabender und berühmter Familien, reicht verziert mit riesigen Engeln, Kränzen und Ornamenten, gefertigt aus edlem Marmor, beschriftet mit goldenen Buchstaben. „Wir sind und bleiben reich“, soll wohl die Message sein. „Wir gelten auch noch etwas nach dem Tod.“ An anderer Stelle warnt ein in Stein gemeißeltes Skelett mit einer Sense, dass eines Tages für jeden und jede die Zeit abläuft.



Da sind die schlichten Gedenksteine für gefallene Soldaten, zum Beispiel aus den Napoleonischen Kriegen und den beiden Weltkriegen. Sie erinnern die Betrachtenden daran, dass es aktuell wieder Kriege gibt, in Europa und weltweit, und die Frage kommt auf, ob Frieden auch möglich ist, ohne dass Menschen für ihn mit ihrem Leben bezahlen müssen.



Und da sind die winzigen Urnengräber, verteilt auf einer großen Wiese, in denen Menschen bestattet werden, die vielleicht keine Familie mehr haben oder arm sterben und von der Stadtverwaltung beerdigt werden. Hier steckt die Botschaft in dem, was bei diesen Gräbern eben nicht zu sehen ist. Die meisten von ihnen haben ein schlichtes Holzkreuz mit einem Namen und dem Geburts- und Sterbedatum. „Die Unterschiede zwischen den Gräbern sind echt krass“, findet Schüler Can.


Manch ein verstobener Mensch sendet auch ungewöhnliche Botschaften an seine Besucher aus. So ist das Grab des legendären Fußballtrainers Christoph Daum mit Fanschals der Fußballvereine geschmückt, die er trainiert hat. Ein anderes Grab ziert ein Bronze-Clown – die hier bestattete Familie liebt(e) den Karneval. An anderer Stelle steht das Denkmal einer großen Liebe: Hier hat ein Witwer seiner Frau die Skulptur eines liebenden Paares gewidmet. Sie berührt ebenso wie die Worte darunter: „Danke für jede Stunde.“



Fotos: krs & sali
Text: krs